Kurzbeschreibung

Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure, die vom Körper nicht selbst hergestellt werden kann und daher mit der Nahrung aufgenommen werden muss. Man unterscheidet zwischen L- und D-Tryptophan. L-Tryptophan kommt hauptsächlich im Körper und in der Nahrung vor und ist als biologisch nützliche Form des Tryptophans bekannt. Die Aminosäure ist vor allem in Getreide, Fleisch und Milchprodukten sowie Hülsenfrüchten enthalten. Nach der Aufnahme wird Tryptophan im Darm absorbiert, ins Blut abgegeben und zu den Zellen transportiert. Dort kann die Aminosäure entweder zum Aufbau von Proteinen oder als Grundlage für die Bildung bioaktiver Substanzen genutzt werden. Dazu gehören Vitamin B6 (Niacin), das Glückshormon Serotonin, das Schlafhormon Melatonin sowie Kynurenin und Tryptamin. Diese Stoffwechselprodukte übernehmen eine Vielzahl wichtiger Funktionen im Körper. Ein Mangel an Tryptophan kann dazu führen, dass diese Stoffwechselprodukte nicht in ausreichender Menge gebildet werden oder im Fall von Kynurenin vermehrt gebildet werden. Folglich könnte ein derartiges Defizit potenziell das Risiko für eine Reihe von psychischen und neurologischen Erkrankungen erhöhen. Dazu zählen Schlafstörungen, neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer, neurologische Störungen wie Multiple Sklerose und Epilepsie, Stimmungsstörungen wie Depressionen und Angststörungen, sowie auch Essstörungen.

Offizieller Name

Tryptophan

Andere Namen

L-Tryptophan,
(S)-2-Amino-3-(1H-indol-3-yl)- propansäure,
Abkürzung: Trp, W

Eigenschaften

wasserlöslich

Vorkommen

Milch und Milchprodukte, Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Fleisch, Fisch, Eier

Grundfunktionen

Proteinsynthese
Kynurenin Synthese
Serotonin Synthese
Tryptamin Synthese
Melatonin Synthese
Vitamin B6 Synthese
Immunomodulatorisch
Antidepressiv/Stimmungsverbessernd
Antidiabetisch
Schlaffördernd
Cardioprotektiv

Dosierungsempfehlungen

DGE: k. A.

NährstoffAllianz: 4 mg/kg Körpergewicht/Tag

Therapeutisch: 500-2000 mg/Tag

Einnahmeempfehlungen

Proteinreiche- und tryptophanhaltige Lebensmittel konsumieren.
Bei Erkrankungen, nach Absprache mit dem Arzt, gegebenenfalls supplementieren.

Labordiagnostik

Vollblut: k. A.

Serum: 34 - 90 mmol/l

Mangelgrenzwert: k. A.

Toxischer Grenzwert: k. A.

Therapeutische & präventive Einsatzgebiete





Risiken durch Überdosierung

Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Ohnmacht, Schwindel, Benommenheit, Zittern, Müdigkeit, Kopfschmerzen, eosinophiles Malaise-Syndrom, Serotonin-Syndrom;

Zusätzliche Informationen

Tryptophan spielt eine wichtige Rolle für psychische und neurlogische Störungen. Vor allem bei Schlafsstörungen, Depressionen oder Angszustände wird Tryptophan als therapeutisches Mittel eingesetzt. Auch bei neurologischen Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, Huntington, Multiple Sklerose, amyotrophe Lateralsklerose, Autismus und Epilepsie spielt ein gestörter Tryptophanstoffwechsel eine wesentliche Rolle. Ob eine Supplementierung von Tryptophan auch diesen Erkrankungen entgegenwirken kann, ist derzeit allerdings noch nicht vollständig erforscht.

Physiologische Wirkungen im Überblick

  • Proteinsynthese 
  • Kynurenin Synthese  
  • Serotonin Synthese 
  • Tryptamin Synthese 
  • Melatonin Synthese 
  • Vitamin B6 Synthese 
  • Immunomodulatorisch 
  • Antidepressiv/Stimmungsverbessernd 
  • Antidiabetisch 

Mangelerscheinungen

Einen Tryptophanmangel gibt es grundsätzlich nicht. Er kann nur auftreten, wenn die Eiweißzufuhr insgesamt unzureichend ist. In diesem Fall können folgende Symptome auftreten:

  • Psychische Störungen wie z.B. Depression 
  • Stress 
  • Schlafstörungen 
  • Konzentrations- und Gedächtnisprobleme 
  • Übersteigertes Hungergefühl 
  • Störung der Immunfunktion 
  • Wachstumsstörungen

Kofaktoren

Verschiedene Vitamine sind als Kofaktoren und Koenzyme an der Regulation des Tryptophanstoffwechsels beteiligt. Vitamin D und seine Rezeptoren sowie die Vitamine B2, B3 und B6 beeinflussen den Tryptophanstoffwechsel und regulieren die Umwandlung von Tryptophan in Serotonin sowie Melatonin mit. Die Vitamine C und E hemmen Entzündungsstoffe, die den Tryptophanstoffwechsel beeinflussen können, und haben somit einen indirekten Regulationsmechanismus. Darüber hinaus beeinflussen Mineralstoffe wie Magnesium, Zink, Kupfer, Eisen, Lithium und Selen als Kofaktoren und Koenzyme den Kynurenin-Stoffwechselweg, indem sie den Abbau von Tryptophan zu Kynurenin und anderen Stoffwechselprodukten mitregulieren. Neben der Ernährung beeinflussen auch Bewegung und Alterung den Tryptophanstoffwechsel [1].  


Vorkommen

Vor allem Milch und Milchprodukte sind hervorragende Tryptophanquellen. Sie enthalten viel Casein und α-Lactalbumin, Proteine, die von Natur aus reich an Tryptophan sind. Daher sind auch Molkenprodukte eine wertvolle Tryptophanquelle. Weitere tierische Quellen sind Fleisch, Fisch und Eier. Pflanzliche Quellen, darunter Sojaprodukte wie Sojamehl und -bohnen sowie Getreide wie Reis, Hafer und Gerste, sind ebenfalls gute Tryptophanquellen. Ergänzend können Hülsenfrüchte und Nüsse zu einer ausreichenden Tryptophanzufuhr beitragen.


Anwendungsempfehlungen und Dosierung

Der Tryptophanbedarf eines Erwachsenen beträgt 4 mg/kg Körpergewicht. Die durchschnittliche Tryptophanaufnahme liegt bei 900 mg/Tag (13,0 mg/kg KG/Tag) und damit weit über dem Bedarf. Therapeutische Dosierungen reichen von 500-2000 mg/Tag.

Eine Überdosierung bei alleiniger Zufuhr von Tryptophan existiert in der Regel nicht. Manche Studien zeigen allerdings, dass extrem hohe Dosen von 3-6 g/Tag Tryptophan Nebenwirkungen haben können. Dazu zählen Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Ohnmacht, Schwindel, Benommenheit, Zittern, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Außerdem könnte eine Überdosierung ein eosinophiles Malaise-Syndrom (erhöhte Blutkonzentrationen von Eosinophilen, einer bestimmten Art weißer Blutkörperchen) hervorrufen. 


Gegenanzeigen

Vorsicht ist insbesondere bei der Einnahme von Antidepressiva geboten, da Tryptophan deren Wirkung verstärken kann. Zu hohe Dosen können das Serotonin-Syndrom auslösen, welches zu Fieber, Muskelkrämpfen, Angstzuständen oder Delirium führen kann.

Tryptophan sollte daher nicht oder nur unter ärtzlicher Begleitung mit folgenden Substanzen eingenommen werden:

  • Triptanen
  • MAO-Hemmer
  • trizyklische Antidepressiva
  • SSRI

Außerdem darf Tryptophan bei schwerer Niereninsuffizienz, schwerer Leberinsuffizienz und Karzinoid-Syndrom nicht eingenommen werden.


Risikogruppen und Mangelfaktoren

Risikogruppen für einen Tryptophanmangel umfassen insbesondere Personen, die eine einseitige Ernährung pflegen. Wie auch Vegetarier und Veganer, Menschen mit Essstörungen sowie ältere Menschen.  


Therapeutische & präventive Einsatzgebiete

Schlafstörungen

Tryptophan wird in der Hypophyse (Drüse im Gehirn) in das Schlafhormon Melatonin umgewandelt und gilt daher als indirekter Schlafregulator. Eine Supplementation mit Tryptophan konnte in zahlreichen Studien die Symptome

  •  der Einschlaflatenz (Zeit bis zum Schlafbeginn),  
  • des obstruktiven Schlafapnoesyndroms (verminderte oder vollständige Aussetzung der Atmung während des Schlafs aufgrund einer Verengung des Rachenraums),  
  • der REM-Schlafverhaltensstörung (körperliche Aktivität während der Traumphase) sowie  
  • die Schlafqualität verbessern [2]. 

In einer Studie mit 35 Personen mit Schlafstörungen (55 bis 75 Jahre) wurde untersucht, ob der Verzehr von mit Tryptophan angereicherten Getreideprodukten dazu beitragen kann, den Schlaf-Wach-Rhythmus wiederherzustellen und Depressionen und Angstzustände zu reduzieren. Die Teilnehmenden verzehrten über einen Zeitraum von 3 Wochen verschiedene Getreideprodukte mit unterschiedlichen Tryptophandosen. Die Ergebnisse zeigten, dass der Verzehr von Cerealien mit 60 mg Tryptophan die Schlafqualität verbesserte, die Schlafdauer verlängerte und die nächtliche körperliche Aktivität verringerte. Außerdem wurden höhere Melatonin- und Serotoninspiegel im Urin sowie eine Verbesserung von Angst- und Depressionssymptomen festgestellt [3]. 

 Depressionen 

Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie, Angststörungen und bipolare Störungen gehen häufig mit abnormen neurochemischen Veränderungen einher. Diese Veränderungen betreffen die Neurometabolik, das Dopaminsystem und die Funktion von Glutamin. Alle drei Mechanismen sind eng mit einer gestörten Regulation des Tryptophanstoffwechsels verknüpft. Beispielsweise kann bei Depressionen  eine gestörte Regulation des Tryptophanstoffwechsels zu einer reduzierten Serotoninproduktion und gleichzeitig zu einer erhöhten Entstehung von neurotoxischen Kynureninstoffwechsel-Produkten führen [2].  

Studien legen nahe, dass Tryptophan-Ergänzungen die Wirkung von Antidepressiva verstärkenund somit bei der Bekämpfung von Depressionen hilfreich sein könnten [4]. 

In einer Crossover Studie wurden 25 gesunde junge Erwachsene auf Unterschiede in Angstzuständen, Depressionen und Stimmung untersucht, nachdem sie jeweils vier Tage lang eine Diät mit hohem Tryptophangehalt und eine Diät mit niedrigem Tryptophangehalt eingenommen hatten. Zwischen den Diäten gab es eine 2-wöchige Auswaschphase.  Nach dem Verzehr einer Diät mit hohem Tryptophangehalt hatten die Teilnehmenden eine deutlich positivere Stimmung im Vergleich zu einer Diät mit niedrigem Tryptophangehalt. Außerdem führte die Aufnahme von mehr Tryptophan über die Nahrung zu weniger depressiven Symptomen und verminderter Angst [5]. 

Weiters untersuchte eine randomisiert, placebo kontrollierte Studie die Wirkung der Einnahme von Tryptophan, Vitamin B6 und B3 haltigen Nahrungsergänzungsmitteln zwischen den Mahlzeiten auf die Stimmung und die Aktivität des autonomen Nervensystems (ANS) bei 30 jungen Erwachsenen mit depressiven Symptomen. Ergebnisse der Studie zeigten, dass sich die Stimmung der Teilnehmenden durch die  Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel signifikant verbesserte [6].  


Umsetzungstipps

Eine ausgewogene Ernährung mit tryptophanhaltigen Lebensmitteln kann den Trypophanspiegel aufrechterhalten und einem Mangel vorbeugen. Im Krankheitsfall oder bei der Einnahme von Antidepressiva (siehe oben) sollte eine Supplementierung mit Tryptophan mit dem Arzt besprochen werden.


Quellenangaben

Studien und Primärquellen

[1] Li, D., Yu, S., Long, Y., Shi, A., Deng, J., Ma, Y., Wen, J., Li, X., Liu, S., Zhang, Y., Wan, J., Li, N., & Ao, R. (2022). Tryptophan metabolism: Mechanism-oriented therapy for neurological and psychiatric disorders. Frontiers in Immunology, 13, 985378. https://doi.org/10.3389/fimmu.2022.985378

[2] Friedman, M. (2018). Analysis, Nutrition, and Health Benefits of Tryptophan. International Journal of Tryptophan Research, 11, 1178646918802282. https://doi.org/10.1177/1178646918802282 

[3] Bravo, R., Matito, S., Cubero, J., Paredes, S. D., Franco, L., Rivero, M., Rodríguez, A. B., & Barriga, C. (2013). Tryptophan-enriched cereal intake improves nocturnal sleep, melatonin, serotonin, and total antioxidant capacity levels and mood in elderly humans. Age (Dordrecht, Netherlands), 35(4), 1277–1285. https://doi.org/10.1007/s11357-012-9419-5 

[4] Le Floc’h, N., Otten, W., & Merlot, E. (2011). Tryptophan metabolism, from nutrition to potential therapeutic applications. Amino Acids, 41(5), 1195–1205. https://doi.org/10.1007/s00726-010-0752-7 

[5] G, L., B, H., & J, C. (2015). The effects of dietary tryptophan on affective disorders. Archives of Psychiatric Nursing, 29(2). https://doi.org/10.1016/j.apnu.2014.11.008 

[6] Tsujita, N., Akamatsu, Y., Nishida, M. M., Hayashi, T., & Moritani, T. (2019). Effect of Tryptophan, Vitamin B6, and Nicotinamide-Containing Supplement Loading between Meals on Mood and Autonomic Nervous System Activity in Young Adults with Subclinical Depression: A Randomized, Double-Blind, and Placebo-Controlled Study. Journal of Nutritional Science and Vitaminology, 65(6), 507–514. https://doi.org/10.3177/jnsv.65.507 

Allgemeine Quellen: (nicht mit Nr. im Text versehen; Bsp.: Bücher, andere Portale) 

  • Friedman, M. (2018). Analysis, Nutrition, and Health Benefits of Tryptophan. International Journal of Tryptophan Research, 11, 1178646918802282. https://doi.org/10.1177/1178646918802282 
  • Holvik, K., Frøyland, L., Haugen, M., Løvik, M., Strand, T., Tell, G., & Iversen, P. (2020). Risk Assessment of „Other Substances“ – L- tryptophan. European Journal of Nutrition & Food Safety, 75–77. https://doi.org/10.9734/ejnfs/2020/v12i830268 
  • Schmiedel, V. (2020). Nährstofftherapie: Orthomolekulare Medizin in Prävention, Diagnostik und Therapie (5. Aufl.). Thieme Georg Verlag.
  • Richard, D. M., Dawes, M. A., Mathias, C. W., Acheson, A., Hill-Kapturczak, N., & Dougherty, D. M. (2009). L-Tryptophan: Basic Metabolic Functions, Behavioral Research and Therapeutic Indications. International Journal of Tryptophan Research : IJTR, 2, 45–60.  

Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Tryptophan