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Kurzbeschreibung
Natrium ist ein häufiges Mineral und kommt in der Erdkruste und im Meerwasser vor. Es gehört zusammen mit Kalium und Chlorid zu den wichtigsten Elektrolyten im Körper. Natrium bindet Wasser im Gewebe und spielt eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung des Membranpotentials der Zelle (gemeinsam mit Kalium), sorgt für einen funktionierenden Glucose- und Aminosäuretransport, ist an der Nervenimpulsübertragung sowie der Muskelentspannung beteiligt. Natrium sollte also immer gemeinsam mit seinem Gegenspieler Kalium berücksichtigt werden.
Für die Ernährung spielt es in Salz und Trinkwasser eine große Rolle, in der modernen Ernährung ist es in vielen industriell verarbeiteten Lebensmittel, wie z.B. Fertigsuppen, Chips, Brot, Wurstwaren oder gesalzene Nüsse vorhanden. Ein 70 kg schwerer Mensch hat ca. 100 g in Form von Natrium-Ionen im Körper. Der Natriumspiegel im Körper hängt vom Wasserhaushalt ab und kann sehr gut im Blut ermittelt werden. Die Hormone ADH, Aldosteron und Angiotensin II regeln die Natriumkonzentration im Blut.
Gewonnen wird Natrium in Form von Natriumchlorid, dem Kochsalz, unterirdisch in Salzstöcken oder überirdisch aus ausgetrockneten Salzseen oder durch Verdunstung in Salinen. Schon in frühen Menschheitszeiten war Salz ein wertvolles Handelsgut und wurde über weite Strecken von den Abbaugebieten in salzarme Regionen transportiert. Salz war von jeher ein wichtiger Rohstoff und als Konservierungsstoff beim Pökeln oder Fermentieren erkannt worden.
Physiologische Wirkungen im Überblick
- Regulierung des Wasserhaushalts (osmotische Aktivität)
- Regulierung Säure-Base-Haushalt
- Blutdruckregulierung über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)
- Aufrechterhaltung des Zell-Membranpotentials (zusammen mit Kalium)
- Transport von Molekülen über die Zellmembran hinweg
- Übertragung und Weiterleitung von Nervenimpulsen
- Aufnahme und Transport von Glukose, Aminosäuren und Nährstoffen
Kofaktoren
Kalium: Für einen ausreichenden Natriumspiegel ist gleichzeitig eine bestimmte Menge an Kalium nötig. Diese beiden Mineralien regulieren das Membranpotential in den Zellen des Körpers.
Vorkommen
- Kochsalz
- Fertigprodukte
- Milchprodukte
- Wurstwaren
- Brot
- Chips
- Gemüse
- Hülsenfrüchte
- Mineralwasser
Anwendungsempfehlungen und Dosierung
DGE
Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die DGE unterscheidet zwischen Kindern, Männern, Frauen, Schwangeren, Stillenden - bitte im Einzelfall prüfen
1,5 g / Tag
NährstoffAllianz
Dosierungsempfehlung der NährstoffAllianz
2 - 6 g / Tag
Die Nationale Verzehrsstudie II hat 2008 einen durchschnittlichen Natriumkonsum bei Männern von 3,2 g und bei Frauen von 2,3 g am Tag ermittelt (3). Das Robert Koch Institut (2) hat in einer 2011 veröffentlichten Studie Tagesnatriumverbräuche von 3,9 g für Männer und von 3,2 g für Frauen ermittelt.
Diese liegen deutlich über der Verzehrempfehlung der DGE von 1,5 g am Tag, die allerdings sehr umstritten ist. Denn es gibt gute Argumente dafür, dass eine Unterversorgung von Natrium deutlich gefährlicher ist als eine Überversorgung. Näheres finden Sie unter dem Punkt “Kontroverse Diskussion über die richtige Salz-Dosis” weiter unten.
In Nahrungsmitteln verbirgt sich Natrium auch unter den Namen Pökelsalz, Mononatriumglutamat, Natriumchlorid, Natriumnitrat, Natriumbicarbonat, Natron, Natriumbenzoat. So haben 100 g Salzstangen bereits 4,5 g Salz (beinhaltet 1,8 g Natrium), der Tagesbedarf von Natrium laut DGE ist also schon mit nur einer Snack-Mahlzeit überschritten.
Menschen, die viel industriell verarbeitete Nahrung zu sich nehmen (Fast Food wie Pizza, Chips, Pommes, Backwaren, Fertigsuppen) sollten auf das Nachsalzen eventuell verzichten, falls damit ein übermäßiger Natrium-Konsum erzielt wird.
Risiken durch Natrium-Überdosierung
Eine lebensbedrohliche Situation entsteht bei 1 g Salz/kg Körpergewicht, ein erwachsener Mensch stirbt bei 200 g Salzverzehr.
Eine hohe Natrium-Zufuhr (in Form von Kochsalz) erhöht die Ausscheidung von Magnesium über die Niere.
Eine über längere Zeit erhöhte Aufnahmen von Natrium kann Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Nierensteine, oxidativen Stress, Abnahme der Gedächtnisleistung im Alter, Osteoporose, Insulinresistenz oder die Behinderung der Kalium-Natrium-Pumpe verursachen.
Risikogruppen und Mangelfaktoren
Risikogruppen
- stark schwitzende Menschen
- Menschen mit chronischen Durchfall oder Erbrechen
- Menschen die überwiegend industriell verarbeitete Nahrung zu sich nehmen
- Menschen, die ihre Nahrung generell nachsalzen
- Patienten mit fortgeschrittenem chronischem Herzversagen, die Diuretika nehmen, sollten eine Natriumreduktion mit ihrem Arzt abstimmen
- Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz
- Patienten mit Leberzirrhose
Mangelfaktoren
Ein Natriumverlust kann durch z.B. Nierenerkrankungen, Durchfall, Erbrechen, durch eine Bauchfell- oder Bauchspeicheldrüsenentzündung, bei Einnahme von Entwässerungsmitteln (Diuretika) oder bei Darmverschluss entstehen.
Übermäßiger Konsum kann zu:
- Bluthochdruck
- Schlaganfall
- Herzinsuffizienz
- Nierensteine
- oxidativen Stress
- Abnahme der Gedächtnisleistung im Alter
- Osteoporose
- Insulinresistenz
- Behinderung Kalium-Natrium-Pumpe
- Magenkrebs
- Autoimmunerkrankungen führen
Therapeutische & präventive Einsatzgebiete
- Übelkeit
- Erbrechen
- Kopf- und Muskelschmerzen
- Verwirrtheitszustände
Bluthochdruck
In einer Studie aus dem Jahr 2001 zu verminderten Salzkonsum in Verbindung mit einer gesunden Ernährung (DASH Diet) konnte nachgewiesen werden, dass sich damit der Bluthochdruck senken lässt [1]. Der Einfluss der salzarmen Ernährung lässt sich nicht entkoppeln von der gleichzeitigen Umstellung auf gesunde Ernährung, so dass das Ergebnis (Blutdrucksenkung) in dieser Untersuchung wahrscheinlich insgesamt von einer Lebensstilumstellung beeinflusst wurde.
Autoimmunerkrankungen
Eine Studie, die von Forschern in Yale durchgeführt wurde, beschreibt den Effekt, den Kochsalz auf Zellen in Kultur ausübt. Die Zellen reagierten auf eine Kochsalzbehandlung mit einem übermäßigen Anstieg der TH17-Immunzellen. Diese Immunzellen nehmen im Körper gegensätzliche Aufgaben wahr: Sie schützen ihn einerseits vor Angriffen durch diverse Krankheitserreger, können aber andererseits auch körpereigene Zellen angreifen. Die TH17-Zellen setzen entzündungsfördernde Stoffe frei, die Autoimmunreaktionen begünstigen [5].
Fötusentwicklung
Eine Untersuchung von werdenden Müttern, die sich salzarm ernähren, ergab, daß die Kinder mit einer Insulinsensivität zur Welt kamen, ihr Geburtsgewicht reduziert ist, ihre kardiovaskulären Organe unterentwickelt sind und sie später zu Bluthochdruck neigen [7].
Frühchenentwicklung
Eine Untersuchung zeigte auf, dass Kinder, geboren vor der 33. Woche bei einer sofortigen Sublimierung von Natrium (vom 4.-14. Lebenstag), im Alter von 10-13 Jahren bessere Entwicklungen bei den Neuralfunktionen (motorische Funktionen, Intelligenztest, Erinnerung, Sprachfähigkeiten, Verhalten) aufweisen als Frühchen ohne Natriumzuführung [8].
Kontroverse Diskussion über die richtige Salz-Dosis
Studien belegen ein höheres Risiko bei zu wenig Natriumaufnahme als bei zu viel [6]. Bei zu viel Salz kann der Körper gut regulieren und das überflüssige Salz ausscheiden. Bei zu wenig Salz bedingt der Natriummangel einen erhöhten Aldosteronspiegel, der mit Krankheiten wie chronischen Entzündungen oder Niereninsuffizienz, Osteoporose, kardiovaskulären Erkrankungen oder auch Schlafapnoe in Verbindung gebracht wird.
Die derzeit gängigste Auffassung ist die, daß kochsalzarme Kost einen positiven Einfluss auf Herzinsuffizienz hat [4].
Die Harvard Universität hat zum Thema Salzkonsum und Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen Studien ausgewertet [9]. Die Autoren kamen zu dem Schluss, daß übermäßiger Salzkonsum mit jedem 10. Todesfall in den USA zusammenhängt. Er verursachte im Jahr 2010 weltweit 2,3 Millionen Herz-Kreislauf-Todesfälle.
Andererseits zeigt eine im Jahr 2014 durchgeführte Studie [10] mit über 100.000 Probanden die geringste Gefahr, kardiovaskulären Erkrankungen zu manifestieren, wenn die Natrium-Zufuhr um die 4 g täglich beträgt. Wie anhand der Verlaufskurve im Diagramm (Abb.1) zu sehen, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich, wenn die tägliche Einnahmemenge von 4 g unterschritten wird. Umgekehrt zeigt die Verlaufskurve aber einen relativ sanften Anstieg des Inzidenz-Risikos bei steigender Natrium-Zufuhr von 4 g aufwärts.
Abb.1 Risiko kardiovaskuläre Krankheiten anhand der täglichen Natriumaussscheidung [10]
Weitere Studien [11] belegen den Zusammenhang, dass sowohl eine niedrige Natriumaufnahme als auch eine hohe Natriumaufnahme mit einer erhöhten Mortalität verbunden sind, was mit einem U-förmigen Zusammenhang zwischen Natriumaufnahme und Gesundheitsergebnissen übereinstimmt.
In einer weiteren Untersuchung [12] wurde festgestellt, dass eine Einschränkung der Natriumaufnahme über die Nahrung mit einer Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems sowie einem erhöhten LDL-Cholesterin verbunden ist. Einige Studien haben auch darauf hingewiesen, dass eine Salzrestriktion die Insulinsensitivität bei Patienten mit Typ-2-Diabetes verringert.
Quellenangaben
Studien und Primärquellen:
[1] Sacks, F.M., Svetkey, L.P., Vollmer, W.M., et al, for the DASH-Sodium Collaborative Research Group. Effects on blood pressure of reduced dietary sodium and the Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) diet. N Engl J Med 2001; 344: 3–10. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJM200101043440101
[2] Robert-Koch-Institut (2011). DEGS - Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland. Abgerufen am 05. Februar 2021 von https://www.degs-studie.de/deutsch/home.html
[3] Max Rubner-Institut - Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel. Nationale Verzehrsstudie II (2008). Abgerufen am 05. Februar 2021 von https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/nationale-verzehrsstudie-zusammenfassung.html
[4] Schmiedel, V. (2019). Nährstofftherapie: Orthomolekulare Medizin in Prävention, Diagnostik und Therapie (4. Aufl.). Thieme Georg Verlag.
[5] Kleinewietfeld, M., Manzel, A., Titze, J., Kvakan, H., Yosef, N., Linker, R. A., Muller, D. N., & Hafler, D. A. (2013). Sodium chloride drives autoimmune disease by the induction of pathogenic TH17 cells. Nature, 496(7446), 518–522. https://doi.org/10.1038/nature1186
[6] Graudal NA, Hubeck-Graudal T, Jurgens G. Effects of low sodium diet versus high sodium diet on blood pressure, renin, aldosterone, catecholamines, cholesterol, and triglyceride. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Apr 9;4(4):CD004022. doi: 10.1002/14651858.CD004022.pub4. Update in: Cochrane Database Syst Rev. 2020 Dec 12;12:CD004022. PMID: 28391629; PMCID: PMC6478144. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28391629/
[7] Sakuyama H, Katoh M, Wakabayashi H, Zulli A, Kruzliak P, Uehara Y. Influence of gestational salt restriction in fetal growth and in development of diseases in adulthood. J Biomed Sci. 2016 Jan 20;23:12. doi: 10.1186/s12929-016-0233-8. PMID: 26787358; PMCID: PMC4719732. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26787358/
[8] Al-Dahhan, J., Jannoun, L., & Haycock, G. B. (2002). Effect of salt supplementation of newborn premature infants on neurodevelopmental outcome at 10-13 years of age. Archives of disease in childhood. Fetal and neonatal edition, 86(2), F120–F123. https://doi.org/10.1136/fn.86.2.f120
[9] Mozaffarian D, Benjamin EJ, Go AS, Arnett DK, Blaha MJ, Cushman M, et al., American Heart Association Statistics Committee and Stroke
Statistics Subcommittee. Heart disease and stroke statistics—2015 update: a report from the American Heart Association. Circulation 2015;131(4):e29–322. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIR.0000000000000152
[10] O’Donnell M, Mente A, Rangarajan S, et al.: Urinary sodium and potassium excretion, mortality, and cardiovascular events. N Engl J Med. 2014, 371:612-623. 10.1056/NEJMoa1311889
[11] Niels Graudal, Gesche Jürgens, Bo Baslund, Michael H. Alderman, Compared With Usual Sodium Intake, Low- and Excessive-Sodium Diets Are Associated With Increased Mortality: A Meta-Analysis, American Journal of Hypertension, Volume 27, Issue 9, September 2014, Pages 1129–1137, https://doi.org/10.1093/ajh/hpu028
[12] Thomas, M. C., Moran, J., Forsblom, C., Harjutsalo, V., Thorn, L., Ahola, A., Waden, J., Tolonen, N., Saraheimo, M., Gordin, D. & Groop, P.-H. (2011). The Association Between Dietary Sodium Intake, ESRD, and All-Cause Mortality in Patients With Type 1 Diabetes. Diabetes Care, 34(4), 861–866. https://doi.org/10.2337/dc10-1722
Bild: David_Monje/Unsplash