Fasten Spezial: Was steckt hinter einer Scheinfastenkur?

5 Minuten LesezeitVeröffentlicht am: 13. Oktober 2022Von Kategorien: Unkategorisiert

Der Biochemiker und Altersforscher Prof. Dr. Valter Longo entwickelte diese fünftägige Fastenvariante, auch Fasting Mimicking Diet (FMD) genannt, mit der Idee, die gesundheitlichen Vorteile des Fastens zu erlangen ohne die Gewohnheit des regelmäßigen Essens aufgeben zu müssen sowie ggf. Nachteile und Risiken, die bei einem kompletten Nahrungsverzicht auftauchen könnten auf ein Minimum zu reduzieren. Das Scheinfasten kann einmal in sechs Monaten bis maximal einmal pro Monat für jeweils fünf Tage durchgeführt werden. Die Nahrungsenergie wird dabei von 1100 kcal bis auf 800 kcal pro Tag reduziert und auf drei Mahlzeiten verteilt. 


Das Risiko einer Mangelernährung und des Muskelabbaus ist kaum gegeben. Dabei kommt eine in klinischen und präklinischen Untersuchungen entwickelte spezielle Lebensmittelzusammensetzung, welche aufgrund der Nährstoffkonstellation, vom Körper nicht als „Nahrung“ erkannt wird, zum Einsatz. Stoffwechselprozesse, ähnlich des Zustandes beim Heilfasten, werden angestoßen, der Fastenzustand der Ketose und Autophagie (zelluläres Selbstreinigungsprogramm) bleiben erhalten und der Körper befindet sich in einem „Scheinfasten“-Zustand. Die Ketose beschreibt den Zustand, in dem der Körper primär Fett anstatt Zucker als Energielieferanten nutzt. Als Autophagie wird jener Prozess bezeichnet, bei dem fehlerhafte Proteine oder Zellbestandteile abgebaut und in Nährstoffe umgewandelt werden. Die Fastenkur ist für gesunde und normalgewichtige Erwachsene zwischen 18 und 70 Jahren geeignet.    

Die Lebensmittelzusammenstellung der Kur, kann wie unten aufgeführt selbst vorgenommen oder als fertiges 5-Tages Paket erworben werden. Die Zusammensetzung der kommerziellen Variante besteht aus Gemüsesuppen und -eintöpfen, Oliven, Grünkohl-Leinsamen-Cracker und Nussriegeln sowie Nahrungsergänzungen aus Vitaminen, Omega-3-Fettsäuren und Mineralsalzen. Insgesamt besteht die Nahrungsenergie aus ca. 50 % komplexer Kohlenhydrate mit geringer glykämischer Last, einem geringen Eiweißanteil und bis zu weiteren ca. 50 % überwiegend ungesättigter Fettsäuren. Eine spezielle Vorbereitung ist nicht zwingend notwendig, allerdings ist auch hier, wie bei den anderen Fastenarten, eine Vorbereitungswoche auf pflanzlicher Basis mit Fisch und ca. 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht, ergänzt durch eine zweimalige Aufnahme eines Multivitamin- und Omega-3-Präparates, ratsam. Nach den fünf Tagen wird in der Regel noch ein „Abfastentag“ mit protein- und kohlenhydratarmer Kost eingelegt, um den Körper wieder an eine normale Kalorienzufuhr zu gewöhnen.  

Erster Fastentag (ca. 1100 kcal) 

  • 500 kcal aus komplexen Kohlenhydraten (Gemüse wie Brokkoli, Tomaten, Karotten, Kürbis, Pilze etc.) 
  • 500 kcal aus gesunden Fetten (z.B. Walnüsse, Mandeln, Haselnüsse, Olivenöl), ein Multivitamin- bzw. Mineralstoffpräparat 
  • Ein Omega-3/6-Ergänzungsmittel*  
  • 25 Gramm pflanzliches Protein (z.B. aus Schalenfrüchten) 

Zweiter bis fünfter Fastentag (ca. 800 kcal) 

  • 400 kcal aus komplexen Kohlenhydraten (Gemüse wie Brokkoli, Tomaten, Karotten, Kürbis, Pilze etc.) 
  • 400 kcal aus gesunden Fetten (z.B. Walnüsse, Mandeln, Haselnüsse, Olivenöl), ein Multivitamin- bzw. Mineralstoffpräparat 
  • Ein Omega-3/6-Ergänzungsmittel* 
  • 25 Gramm pflanzliches Protein (z.B. aus Schalenfrüchten) 

* Aus Sicht der NährstoffAllianz genügt ein Omega-3-Ergänzungsmittel, ein Omega-6-Fettsäurenmangel ist eher unwahrscheinlich 

Abfastentag 

Beinhaltet komplexe Kohlenhydraten (Gemüse, Getreide, Nudeln, Brot, Obst, Fruchtsäfte, Nüsse, Mandeln etc.) sowie weitestgehender Verzicht auf Fisch, Fleisch, gesättigte Fette, Süßigkeiten, Käse und Milch.

Dazu jeweils pro Tag drei bis vier Tassen ungesüßter Tee und Wasser nach Belieben.  

Der Körper geht dabei ab Tag 1 in den Scheinfastenzustand, beginnt ab Tag 2 mit der Fettverbrennung um ab Tag 3 mit dem „Zellrecycling“ (Autophagie) sowie dem Übergang zur Ketose weiter zu machen. Am 4. Tag ist die Zellregeneration im vollen Gange und am Tag 5 findet die Zellerneuerung und somit innerliche Verjüngung sowie Neuprogrammierung der Zellen statt. 

Tests an Tieren zeigten bei 2x monatlich durchgeführten 4-tägigen Scheinfastenperioden, vielversprechende Ergebnisse. Sie lebten länger, erkrankten seltener an Krebs, verloren langsamer an Knochendichte, wurden kognitiv leistungsfähiger und entwickelten weniger gesundheitsschädliches, viszerales Fett (Bauchfett). Auch Entzündungsmarker und Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes gingen zurück. Genauso auch Entzündungen im Verdauungstrakt und chronisch entzündliche Darmerkrankungen [1].  

Untersuchungen an Menschen, wie in einer randomisierten Studie mit 71 Probanden nach drei Zyklen (ein Zyklus pro Monat) des fünftägigen Scheinfastens, ergaben: eine Reduktion des rumpfnahen Körperfetts bei einem Gewichtsverlust von über 3,6 kg, bei gleichzeitigem Erhalt bzw. Zunahme der Muskelmasse, eine Senkung des Blutdrucks sowie einen Rückgang des Wachstumsfaktors Insulin-like Growth Factor 1 (IGF-1), welcher mit altersbedingten Erkrankungen im Zusammenhang steht. Auch eine Senkung des Cholesterinspiegels um 20 mg/dl sowie des Blutzuckerspiegels um 12 mg/dl gehörten zu den Ergebnissen [2]. 

Für die Zeiträume zwischen den Fastenperioden, hat Prof. Dr. Longo das Ernährungskonzept „Longevità-Diät“ nach dem Vorbild der Ernährungsweise in den sogenannten „Blue Zones“ der Erde, wo die Menschen deutlich älter werden, entwickelt. Dieses orientiert sich an einer mediterranen, pflanzenbasierten Ernährung, welche den Körper gesund und jung erhalten soll.   


Fazit: 

Die Scheinfastenkur ist von der Dauer überschaubar und durch den erlaubten Verzehr ausgewählter Lebensmittel einfacher durchzuhalten. Wird auf die kommerziell erhältlichen Scheinfastenpakete zurück gegriffen, fällt sogar das Aneignen von Vorkenntnissen und Wissen zur Nahrungsauswahl und deren Einzeleinkauf weg. Zudem arbeitet der Magendarmtrakt aufgrund der festen Nahrung wie gewohnt weiter und auf eine gezielte Darmentleerung kann verzichtet werden. Auch die Studienlage weist deutlich auf zahlreiche gesundheitliche Vorteile hin. Eine ärztliche Abklärung ob der individuelle Gesundheitszustand eine Scheinfastenkur zulässt, sollte auch hier wie bei allen Fastenarten, vorab eingeholt werden. 

Quellen: 

  • [1] Brandhorst S, Longo VD. et al. (2015) A Periodic Diet that Mimics Fasting Promotes Multi-System Regeneration, Enhanced Cognitive Performance, and Healthspan. Cell Metab. Jul 7;22 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26094889/  
  • [2] Wei M, Longo VD. Et al. (2017) Fasting-mimicking diet and markers/risk factors for aging, diabetes, cancer, and cardiovascular disease. Sci Transl Med. Feb 15;9(377) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28202779/  
  • FOODFORUM – Das Ernährungs-Fachmagazin, 2020, Beitrag: Essen und trotzdem Fasten, Ausgabe 3, Seite 74-79 
  • Prof. Dr. Valter Longo, 2018, Iss dich jung, 6. Aufl., GOLDMANN Verlag München 
  • Prolon®, Wie funktioniert die Scheinfastenkur und was sind die Vorteile?, abgerufen am 18. Juli 2022 von https://prolon-fasten.com/scheinfasten/  

Bild: von nolonely / stock.adobe 


Bisher erschienen in dieser Reihe: 

Ankündigung: Das große Fasten Spezial 

Klassisches Heilfasten – Buchinger Fasten 

Saft-, Basen- & Früchtefasten 

Suppenfasten  

Scheinfasten

Suppenfasten
Fasten Spezial: Intervallfasten – Welche Varianten verbergen sich dahinter?