Hand aufs Herz – sind gesättigte Fettsäuren die Übeltäter?

4,3 Minuten LesezeitVeröffentlicht am: 2. März 2023Von Kategorien: Unkategorisiert

Menschen mit höheren Blutspiegeln an gesättigten Fettsäuren, zeigten in einigen Studien ein erhöhtes Risiko Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder das metabolische Syndrom zu entwickeln sowie eine vorzeitige Sterblichkeit. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt daher die tägliche Energiezufuhr von gesättigten Fettsäuren auf weniger als 10 % der Gesamtenergiezufuhr zu begrenzen. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Empfehlung, dass die mit der Nahrung aufgenommenen gesättigten Fettsäuren erhebliche chemische Strukturunterschiede aufweisen. Sie können somit nicht als einheitlich im Körper wirkende Nährstoffgruppe über einen Kamm geschert werden. Zudem sollte für eine abschließende Beurteilung gesättigter Fettsäuren als “Übeltäter”, angeschaut werden, aus welcher Nährstoffquelle die im Körper zu hohen zirkulierenden Spiegel an gesättigten Fettsäuren stammen.   


Laut der Nationalen Verzehrsstudie II liegt die tatsächliche tägliche Aufnahme gesättigter Fettsäuren in Deutschland zwischen 15 und 16 Energieprozent. Grund zur Besorgnis? Geht es nach den Schlussfolgerungen der 2015 aktualisierten DGE-Leitlinien zur “Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten”, sollten gesättigte Fettsäuren überwiegend durch ungesättigte ersetzt werden. Auch die Reduktion gesättigter Fettsäuren auf kleiner 10 % der Tagesenergiezufuhr wird hier nochmals bekräftigt.  

Fette insgesamt, gehören mit ca. 9,3 kcal/g zu den energiereichsten Nährstoffen. Dies ist einer der Hauptgründe, warum sie für die in den letzten Jahren steigende Entwicklung von Übergewicht und Adipositas, verantwortlich gemacht werden. Übergewicht und Adipositas wiederum begünstigen das Entstehen weiterer Stoffwechselstörungen und Erkrankungen, darunter auch die nach wie vor zur Todesursache Nummer 1 gehörenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit Hilfe einer Fettreduktion, möchte die DGE somit dem Entstehen von Übergewicht und Adipositas vorbeugen, um damit indirekt das Risiko der damit verbundenen Erkrankungen zu senken.


Gesundheitliche Risiken sind nicht mit der direkten Aufnahme gesättigter Fettsäuren verbunden 

Jedoch konnte das Risiko der Entstehung von u.a. Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck, Schlaganfall und einigen Krebserkrankungen, in vielen Studien nicht direkt mit der Gesamtfettaufnahme sowie der Aufnahme gesättigter Fettsäuren in Zusammenhang gebracht werden. Vielmehr ist es so, dass eine dem tatsächlichen täglichen Energieverbrauch angepasste Gesamtenergieaufnahme, unabhängig der Energiequelle kein Adipositasrisiko im gesunden Menschen erzeugt.  

Wie ist es nun dennoch möglich, ein zu viel an gesättigten Fettsäuren im Blutspiegel zu haben bzw. dadurch Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu begünstigen, wenn diese nicht direkt auf die Nahrungsfettaufnahme zurückgeführt werden können?    


Die Kohlenhydrate sind das Problem 

Ursächlich dafür ist, dass der menschliche Körper auch aus Nahrungskohlenydraten selbst gesättigte Fettsäuren bilden kann. So stimmten die Blutspiegel der zirkulierenden gesättigten Fettsäuren in einigen Untersuchungen, eher mit der Aufnahmemenge von Kohlenhydraten als von gesättigten Fetten überein. Auch eine zwei- bis dreifache Erhöhung der Zufuhr gesättigter Fettsäuren, zusammen mit einer geringen Kohlenhydrataufnahme, wirkte sich überhaupt nicht bzw. sogar senkend auf den Blutspiegel gesättigter Fettsäuren aus.  

Vorsicht bei der Aufnahme gesättigter Fettsäuren, ist bei Menschen geboten, welche ein genetisch bedingtes höheres Risikoprofil für kardiovaskuläre Erkrankungen haben. Für diese Bevölkerungsgruppe könnte die Reduktion gesättigter Fettsäuren vorteilhaft sein. Zudem sind Lebensmittelquellen, welche industriell hochverarbeitete gesättigte Fettsäuren enthalten, weniger zu empfehlen. Eingebunden in die natürliche Nahrungsmatrix, wie z.B. bei naturbelassenen Milchprodukten, Eiern, Kakaoprodukten sowie unverarbeitetem Fleisch, ist die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren hinsichtlich kardiovaskulärer Erkrankungen und Sterblichkeit unter Berücksichtigung einer ausgeglichenen Energiebilanz, unbedenklich.  


Therapeutischer Einsatz gesättigter Fettsäuren 

Gesättigte Fettsäuren kommen sogar therapeutisch, in Form von kurz- und mittelkettigen Fettsäuren (MCT), bei Fettresorptionsstörungen zum Einsatz. Dabei macht man sich den Stoffwechselweg der MCTs zu Nutze, welcher im Vergleich zu anderen Fetten und langkettigen gesättigten Fettsäuren, einfacher und schneller funktioniert. Was an dieser Stelle nochmals deutlich macht, dass es innerhalb der Gruppe an gesättigten Fettsäuren, zu unterschiedlichen Auswirkungen auf den Stoffwechsel bzw. menschlichen Körper kommt.  

Zum Nachdenken, regen auch die Ergebnisse der PURE-Studie an. Diese zeigte, dass die Personengruppe mit der höchsten Aufnahme an gesättigten Fettsäuren (ca. 14 % der Tagesgesamtkalorien) ein verringertes Schlaganfallrisiko hatte. Auch war die gesteigerte Zufuhr aller Fettarten mit einer geringeren Sterblichkeit sowie neutralen Wirkung auf kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden [1].     


Fazit:  

Der gesunde Mensch, muss sich bei ausgeglichener Energiebilanz, nicht vor dem Verzehr aller gesättigten Fettsäuren fürchten. Auch hinsichtlich der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, besteht kein direkter Zusammenhang mit der Aufnahme gesättigter Fettsäuren über die Nahrung. Wie bei allen Nährstoffen gilt allerdings, die Fettquelle hinsichtlich Menge und Qualität kritisch zu überprüfen. Die Wahl sollte auf naturbelassene Milchprodukte, unverarbeitetes Fleisch, Eier und Kakaoprodukte fallen. Fleisch- und Wurstwaren, Frittierfett und damit zubereitetet Produkte, „Knabberartikel“ und Snacks sowie insgesamt fettreiche Fertigprodukte sind eher zu meiden bzw. zu reduzieren. Zudem ist es insgesamt empfehlenswert, eine ausgeglichenen Energiebilanz anzustreben und vor allem auch die Kohlenhydratzufuhr zu hinterfragen.

 

Quelle: 

[1] A. Mente, M. Dehghan, S. Rangarajan, et al. (2017) Association of dietary nutrients with blood lipids and blood pressure in 18 countries: a cross-sectional analysis from the PURE study Lancet Diabetes Endocrinol, 5 (2017), pp. 774-787 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2213858717302838 

Bild: von drubig-photo / stock.adobe 

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