Die Anti-Entzündungsformel: Entzündungsfaktor Zucker & verarbeitete Lebensmittel!?

Einkaufswagen gefüllt mit Zuckerwürfeln
7,4 Minuten LesezeitVeröffentlicht am: 3. Oktober 2024Von Kategorien: Ernährung, Zucker

Der Konsum von einfachen Kohlenhydraten bzw. bestimmten Zuckerarten, löst eine Reihe von Stoffwechselvorgängen im Körper aus, welche u.a. zum Entzündungsgeschehen beitragen. Vor allen Dingen, wenn die aufgenommene Menge, das vom Körper individuelle tolerierbare Maß übersteigt und/oder bereits Vorerkrankungen wie z.B. Diabetes bestehen. Verarbeitete Lebensmittel sind oft reich an Zucker und zudem reich an ungesunden Fetten sowie Zusatzstoffen. Wenn diese Mischung im menschlichen Körper ankommt, laufen auch hier Stoffwechselprozesse ab, die einen wesentlichen Anteil am Entzündungsgeschehen haben.  

Zucker und seine Wirkung auf Entzündungsprozesse 

1. Erhöhung des Blutzuckerspiegels und Insulinresistenz:

Nach dem Verzehr von Haushaltszucker (Saccharose), Traubenzucker (Glukose), Milchzucker (Laktose), Malzzucker (Maltose), Maissirup, Glukose-Fruktose-Sirup und High-Fructose Corn Syrup (HFCS) bzw. Lebensmitteln, die diese Zuckerarten enthalten, steigt der Blutzuckerspiegel schnell an. Um den hohen Blutzuckerspiegel zu senken, schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. 

Bei regelmäßig hohem Zuckerkonsum kann der Körper zunehmend unempfindlich gegenüber Insulin werden, was als Insulinresistenz bezeichnet wird. Insulinresistenz führt zu chronisch erhöhten Blutzuckerspiegeln, die u.a. entzündungsfördernd wirken.

2. Produktion von Entzündungsmarkern:

Ein hoher Blutzuckerspiegel führt zur Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen, wie Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-alpha) und Interleukin-6 (IL-6) [1]. Diese Moleküle signalisieren dem Immunsystem, eine Entzündungsreaktion einzuleiten [2]. 

Zucker wird im Körper durch Glykolyse abgebaut, wobei Zwischenprodukte entstehen, die die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) fördern. ROS können in hohen Dosen durch Oxidation Zellschäden verursachen und entzündungsfördernde Signale auslösen [3]. 

3. Einfluss auf den Fettstoffwechsel:

Ein hoher Zuckerkonsum führt auch zu einer Erhöhung der Triglyceride im Blut. Hohe Triglyceridspiegel sind mit einer Zunahme von Entzündungen verbunden. 

Überschüssiger Zucker wird in Fett umgewandelt und in Fettzellen gespeichert. Besonders das viszerale Fettgewebe (Fett um die inneren Organe) ist metabolisch aktiv und setzt entzündungsfördernde Stoffe frei [4].

4. Förderung der schädlichen Zuckeranlagerung an Proteine (Glykation):

Zucker kann sich ohne Enzymbeteiligung an Proteine binden und sogenannte AGEs (Advanced Glycation End Products) bilden. Diese Moleküle stören die Proteinfunktion und binden an spezifische Zellrezeptoren (RAGE = Receptors for Advanced Glycation End Products), was u.a. zur Aktivierung von Entzündungswegen und Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen führt [5,6]. 

5. Mikrobiomveränderungen:

Ein hoher Zuckerkonsum kann das Gleichgewicht des Darmmikrobioms stören, indem er einerseits das Wachstum entzündungsfördernder Bakterien fördert (wie z.B. von Clostridium und Candida) und andererseits die Barrierefunktion des Darms beeinträchtigt. Dies kann zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut führen (Leaky Gut), wodurch toxische Stoffe, Bakterien und unverdaute Nahrungsmittelpartikel in den Blutkreislauf gelangen, was systemische Entzündungen auslöst und das Risiko für Autoimmunerkrankungen und chronische Entzündungen erhöht [7]. 

Gleichzeitig kommt es zu einer Verdrängung von nützlichen Darmbakterien und zu einer reduzierten Produktion von entzündungshemmenden kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs), was die Fähigkeit des Darms schwächt, Entzündungen zu kontrollieren [8].  

Die Rolle verarbeiteter Lebensmittel bei Entzündungen 

Ein paar der typischen „Verdächtigen“ Inhaltsstoffe verarbeiteter Lebensmittel im Folgenden näher beleuchtet: 

1. Ungesunde Fette:

Transfette, die häufig in verarbeiteten Lebensmitteln wie Margarine, Backwaren und frittierten Speisen vorkommen, sind besonders entzündungsfördernd. Sie entstehen durch die industrielle Härtung von Pflanzenölen. 

Langkettige gesättigte Fette, vor allem die, welche in industriell verarbeiteten Fleisch- und Milchprodukten, frittierten Speisen, Knabberartikeln, Snacks und insgesamt fettreichen Fertigprodukten vorkommen, können ebenfalls Entzündungen fördern, wenn sie in großen Mengen konsumiert werden [9]. Hinzu kommt, dass eine hohe Aufnahme von Kohlenhydraten, die im Blut zirkulierenden Spiegel an gesättigten Fettsäuren erhöht, auch ohne, dass diese direkt mit der Nahrung aufgenommen werden. Hilfreiche Details zum Thema gesättigte Fettsäuren, finden Sie in unserem Artikel hier 

2. Hoher Zuckergehalt:

Verarbeitete Lebensmittel enthalten oft große Mengen an zugesetztem Industriezucker, der, wie bereits oben beschrieben, die Produktion von entzündungsfördernden Molekülen und Insulinresistenz fördern kann. 

3. Raffinierte Kohlenhydrate:

Weißmehlprodukte: Weißbrot, Nudeln, und andere raffinierte Kohlenhydrate werden schnell im Körper zu Zucker abgebaut, was zu den ebenfalls unter dem Kapitel Zucker beschriebenen Entzündungsreaktionen führen kann. 

Zudem enthalten Raffinierte Kohlenhydrate kaum Ballaststoffe, die wichtig für eine gesunde Darmflora und die Entzündungsregulation sind. Darmbakterien verstoffwechseln Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs) und führen u.a. zur Unterdrückung von Entzündungsreaktionen [10].

4. Zusatzstoffe und Konservierungsmittel:

Viele verarbeitete Lebensmittel enthalten Konservierungsmittel, Geschmacksverstärker und künstliche Farbstoffe, die Entzündungsreaktionen im Körper auslösen können [11]. 

5. Omega-6-Fettsäuren:

Hohe Mengen an Omega-6-Fettsäuren aus Pflanzenölen (wie Soja-, Mais- und Sonnenblumenöl) finden sich oft in verarbeiteten Lebensmitteln. Ein Übermaß an Omega-6-Fettsäuren kann das Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 stören und wie im vorigen Newsletter: Die Anti-Entzündungsformel: Entzündungsfaktor FETT!? beschrieben, Entzündungen fördern.  

Fazit: 

Ein langfristig hoher Konsum von Zucker und verarbeiteten Lebensmitteln spielt eine entscheidende Rolle im Entzündungsgeschehen des Körpers. Zucker führt nicht nur zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel und Insulinresistenz, sondern auch zur Produktion von entzündungsfördernden Molekülen, einer gestörten Darmflora und erhöhten Fettablagerungen. Verarbeitete Lebensmittel, reich an ungesunden Fetten, Zusatzstoffen und zu viel Omega-6-Fettsäuren, verstärken diese entzündlichen Prozesse. Daher ist es empfehlenswert, den Konsum dieser Lebensmittel deutlich zu reduzieren bzw. wenn möglich darauf zu verzichten und sich auf eine entzündungshemmende Ernährung zu konzentrieren, um das Risiko chronischer Entzündungen zu minimieren und die Gesundheit langfristig zu fördern. 

Im nächsten Newsletter zur Anti-Entzündungsformel, geben wir Ihnen konkrete Informationen zu antientzündlichen Lebensmitteln und Nährstoffen an die Hand.  

Abonnieren Sie gerne noch heute unseren kosten- und werbefreien Newsletter. Bleiben Sie dran!  


Als Bestandteil der gemeinnützigen Institution Deutsche Stiftung für Gesundheitsinformation und Prävention (DSGiP) arbeitet das Team der NährstoffAllianz frei und unabhängig.

Zur Finanzierung, unserer frei von wirtschaftlichen Interessen betriebenen Plattform, würden wir uns über Ihre Unterstützung in Form einer Spende freuen.

Hier gelangen Sie zu den Spendeninformationen 


Bild von ya_create auf shutterstock 

Quellen: 

[1] Esposito K, Nappo F, Marfella R, Giugliano G, Giugliano F, Ciotola M, Quagliaro L, Ceriello A, Giugliano D. Inflammatory cytokine concentrations are acutely increased by hyperglycemia in humans: role of oxidative stress. Circulation. 2002 Oct 15;106(16):2067-72. doi: 10.1161/01.cir.0000034509.14906.ae. PMID: 12379575. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12379575/  

[2] Wu W, Wang M, Sun Z, Wang X, Miao J, Zheng Z. The predictive value of TNF-α and IL-6 and the incidence of macrovascular complications in patients with type 2 diabetes. Acta Diabetol. 2012 Feb;49(1):3-7. doi: 10.1007/s00592-010-0198-0. Epub 2010 May 21. PMID: 20495833. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20495833/  

[3] Wright E Jr, Scism-Bacon JL, Glass LC. Oxidative stress in type 2 diabetes: the role of fasting and postprandial glycaemia. Int J Clin Pract. 2006 Mar;60(3):308-14. doi: 10.1111/j.1368-5031.2006.00825.x. PMID: 16494646; PMCID: PMC1448694. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12379575/  

[4] Ouchi N, Parker JL, Lugus JJ, Walsh K. Adipokines in inflammation and metabolic disease. Nat Rev Immunol. 2011 Feb;11(2):85-97. doi: 10.1038/nri2921. Epub 2011 Jan 21. PMID: 21252989; PMCID: PMC3518031. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3518031/  

[5] Basta G, Schmidt AM, De Caterina R. Advanced glycation end products and vascular inflammation: implications for accelerated atherosclerosis in diabetes. Cardiovasc Res. 2004 Sep 1;63(4):582-92. doi: 10.1016/j.cardiores.2004.05.001. PMID: 15306213. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15306213/  

[6] Basta G, Lazzerini G, Massaro M, Simoncini T, Tanganelli P, Fu C, Kislinger T, Stern DM, Schmidt AM, De Caterina R. Advanced glycation end products activate endothelium through signal-transduction receptor RAGE: a mechanism for amplification of inflammatory responses. Circulation. 2002 Feb 19;105(7):816-22. doi: 10.1161/hc0702.104183. PMID: 11854121. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11854121/  

[7] Binienda A, Twardowska A, Makaro A, Salaga M. Dietary Carbohydrates and Lipids in the Pathogenesis of Leaky Gut Syndrome: An Overview. Int J Mol Sci. 2020 Nov 8;21(21):8368. doi: 10.3390/ijms21218368. PMID: 33171587; PMCID: PMC7664638. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33171587/  

[8] Garcia, K.; Ferreira, G.; Reis, F.; Viana, S. Impact of Dietary Sugars on Gut Microbiota and Metabolic Health. Diabetology 2022, 3, 549-560. https://doi.org/10.3390/diabetology3040042  

[9] Milanski M, Degasperi G, Coope A, Morari J, Denis R, Cintra DE, Tsukumo DM, Anhe G, Amaral ME, Takahashi HK, Curi R, Oliveira HC, Carvalheira JB, Bordin S, Saad MJ, Velloso LA. Saturated fatty acids produce an inflammatory response predominantly through the activation of TLR4 signaling in hypothalamus: implications for the pathogenesis of obesity. J Neurosci. 2009 Jan 14;29(2):359-70. doi: 10.1523/JNEUROSCI.2760-08.2009. PMID: 19144836; PMCID: PMC6664935. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19144836/  

[10] Sivaprakasam S, Prasad PD, Singh N. Benefits of short-chain fatty acids and their receptors in inflammation and carcinogenesis. Pharmacol Ther. 2016 Aug;164:144-51. doi: 10.1016/j.pharmthera.2016.04.007. Epub 2016 Apr 23. PMID: 27113407; PMCID: PMC4942363. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4942363/  

[11] Rinninella E, Cintoni M, Raoul P, Gasbarrini A, Mele MC. Food Additives, Gut Microbiota, and Irritable Bowel Syndrome: A Hidden Track. Int J Environ Res Public Health. 2020 Nov 27;17(23):8816. doi: 10.3390/ijerph17238816. PMID: 33260947; PMCID: PMC7730902. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7730902/  


Bisher erschienen in dieser Reihe: 

Die Anti-Entzündungsformel: stille Entzündungen entlarvt 

Die Anti-Entzündungsformel: Entzündungsfaktor FETT!? 

Holzbrett mit darauf trappierten SpeckstreifenDie Anti-Entzündungsformel: Entzündungsfaktor FETT!?
Hände halten rosa gezeichneten DarmGluten: Der Auslöser für Löcher im Darm?